Als unser Fernstudium im September 1990 begann, hieß die Technische Universität noch
TU Karl-Marx-Stadt . Für die Eingeborenen war Karl-Marx-Stadt
(jetzt Chemnitz) auch die Stadt mit den drei O -
"GOrl-MOrks-StOdt".
Das Fernstudium in Chemnitz hat nur wenig gemeinsam mit einem Studium zum Beispiel
an der Fernuniversität Hagen. Zu DDR-Zeiten war das Fernstudium eigens dazu geschaffen,
erfahrenen Facharbeitern die Möglichkeit zu bieten, zu ihren praktischen Kenntnissen
auch das nötige theoretische Wissen zu erlangen. Das alles sollte im Einklang mit dem Betrieb geschehen,
der dem Fernstudenten bei seiner Weiterbildung unterstützen und später auch qualifikationsgerecht
einsetzen sollte. Dazu wurde der Fernstudent für die Konsultationen von der Arbeit freigestellt,
erhielt finanzielle Unterstützung, bekam jeden Monat einen Studientag u.s.w.
Es war also möglich, dem Fernstudenten den gleichen Lehrstoff wie beim Direktstudium, jedoch
in komprimierter Form, anzubieten.
Dieses Prinzip ist auch bis heute beibehalten worden. Bei den Konsultationen bekommt der Fernstudent die gleiche Dosis Vorlesungen verabreicht wie ein Direkter. Allerdings fallen Übungen weg und die Praktika sind stark reduziert. Es liegt im Ermessen eines jeden Hochschullehrers, Übungen durchzuführen.
Natürlich ist es für den Ferni schwerer geworden. Die meisten Betriebe geben keine
Freistellungen und so ist man gezwungen, Überstunden und Urlaub für die Konsultationen
zu opfern. Vielleicht gibt es auch deshalb nur noch wenige, die diesen Weg einschlagen.
Im September 1990 begannen 12 von 20 eingeschriebenen Wagemutigen ihren Horizont in der Studienrichtung Automatisierungstechnik zu erweitern. Schon nach dem ersten Kurs sank die Zahl der Unbelehrbaren auf 9. Im Zeitraum 1. - 3. Semester fanden 8 mal im Jahr Konsultationen mit einer Dauer von 5 Tagen (ca. 50 Stunden) statt. Ab dem 4. Semester gab es jedes Jahr 9 Konsultationen zu je 3 Tagen (ca. 28 Stunden). Kein Wunder, daß deshalb und durch den Prüfungsstreß die Zahl der Ferni's im 5. Semester auf fünf (kleine Negerlein) sank.
Da geschah das Unfaßbare. Plötzlich waren wir zu siebent. Nicht das Sie denken, wir hätten Nachwuchs geschaffen. Nein. Die letzten standhaften Ferni's der Automatisierungstechnik aus Magdeburg stießen zu uns, um unsere Crew zu stärken. Nachdem im 7. Semester einer aus gesundheitlichen Gründen ausschied und zwei (obwohl sie es sehr bereuen) ins Lager der Direktstudenten überwechselten, blieben bis zum 11. Semester die restlichen glorreichen Vier zusammen.
Mittlerweile ist die Zeit der Erlangung eines Diploms in greifbare Nähe herangerückt. Ich, und Sie hoffentlich auch, drücken den vier Helden und auch den zwei Direktstudiosi's die Daumen, daß sie auch die letzte Hürde auf dem Way of Fame sicher nehmen und sich nicht aus den Augen verlieren werden.
P.S. Der erste hat es nun geschafft. Torsten, der Oberlausitzer, hat mit Links (oder Tricks) das von uns alles begehrte Diplom erhalten. 'erzlichen Glückwunsch!
Nachtrag: ...Mai 1998... Natürlich haben mittlerweile alle Ferni's ihr Ticket in die Freiheit
erhalten und schaffen jetzt als unterbezahlte und überstapazierte Helden an den unterschiedlichsten Brennpunkten der
Industrie. Möge die Macht mit Euch sein...